Druckst du noch oder schaffst du Mehrwert? – Digitale Zustellung der Entgeltabrechnung

Im Juni war ich ganz besonders froh, dass die Entgeltabrechnungen digital versendet werden, da wir aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes 2022 Rückrechnungen bis Januar vornehmen mussten, diese hätten wir alle drucken und kuvertieren müssen.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass in Deutschland noch immer über 70% der Entgeltabrechnungen klassisch mit der Post verschickt werden. Eigentlich wundert mich das nicht, wenn man sich den Stand der Digitalisierung in Deutschland anschaut. Andererseits bin ich überrascht, dass man einen so kostenintensiven Prozess noch so häufig antrifft.

Gerade bei steigenden Papier- , Druck- und Versandkosten und in Zeiten von Fachkräftemangel ist das ein Prozess, der sich für eine Digitalisierung sehr gut anbietet. Werden doch alle Ressourcen benötigt, um mehrwertschaffende Aufgaben zu verrichten, anstatt mit hohem Personalaufwand Personalpost zu drucken, einzutüten und zu verteilen. Im schlimmsten Fall bleiben diese dann auch noch im Postfach oder sogar auf dem Schreibtisch liegen. Und das Herz des Datenschützers rutscht jedes Mal in die Hose.

Eine Alternative muss her! Vielleicht das Mitarbeiterportal, ein Employee Self Services (ESS). Das klingt einfach: Der Mitarbeiter hat alles an einer Stelle und aus einer Hand. Doch wenn man genauer hinschaut, zeigen sich hier einige Probleme.

Portale sind zwar eine Lösung, aber vielleicht nicht die beste.

  • Die Implementierung der Portallösung kostet einiges – nicht nur an Geld, sondern auch an IT-Ressourcen. Und die Administration wie z.B. die Verwaltung der Mitarbeiterzugänge kann unter Umständen aufwendig sein.
  • Es stellt sich auch die Frage, wie Sie mit ausscheidenden Mitarbeitenden umgehen, die keinen Zugriff mehr auf das Portal haben. Muss dann eine zweite Lösung her?
  • Beschäftigten in der Produktion ohne PC-Arbeitsplatz müssen Sie einen vertraulichen Zugriff auf ihre Personalpost ermöglichen. Zum Beispiel über Terminals vor Ort, die in geschützten Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.

Datenschützer und Compliance Manager sehen die Nutzung der Portale oftmals kritisch. Ihnen liegt die fehlende Vertraulichkeit beim Öffnen und Drucken der Entgeltabrechnungen schwer im Magen. So müssten Sie an den Terminals sicherstellen, dass der Drucker direkt daneben steht und „Temporäre Ordner“ nach jeder Session gelöscht werden.

Sollten Sie überlegen Mitarbeitenden über den privaten Computer von zu Hause aus, Zugriff auf das Mitarbeiterportal zu geben, hat dies wiederum ein gewisses Risiko für die IT-Sicherheit und den Datenschutz. Denn wenn unbefugten Dritte es schaffen, Zugriff auf das System z.B. durch Installation von Schadsoftware auf einem privaten PC zu erhalten, wären sensible personenbezogene Daten auf dem Portal in Gefahr.

Unternehmensunabhängiges Postfach – wie der Briefkasten an der Hauswand, nur digital

Eine andere Möglichkeit für die digitale Zustellung der Personalpost ist die Einrichtung eines digitalen Briefkastens wie den bitkasten. Dieser gehört dem Mitarbeitenden und kann von allen Versendern genutzt werden, die mitmachen. Dokumente werden in einem geschlossenen System verschlüsselt transportiert und können per Web oder App abgerufen werden.

  • Die Implementierung ist recht einfach. Alles ist bereits vorhanden: Druckdaten und eine eindeutige Kennung wie die Postanschrift oder Personalnummer.
  • Die Mitarbeiterverwaltung erfolgt dezentral durch die Registrierung der Nutzer:innen. Da das Postfach dem Mitarbeitenden gehört und keine unternehmensspezifische Applikation ist, kann dieser den bitkasten nach dem Ausscheiden einfach mitnehmen und hat weiterhin Zugriff auf alle digitalen Entgeltabrechnungen und weitere Dokumente.
  • Eine E-Mail-Adresse ist für den Empfang nicht notwendig.
  • 94% der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahre nutzen das Internet (Quelle: Statista). Ein Zugriff auf die Post ist ort- und zeitunabhängig überall möglich. Sofern dennoch kein Internetzugriff vorhanden ist, kann die Personalpost auch weiterhin gedruckt ausgegeben werden. Ein hybrides Modell ist somit einfach möglich.

Nicht nur für Datenschützer wichtig: Die Speicherung der Daten erfolgt zu 100% in Deutschland und DSGVO-konform. Zudem stehen die  Daten entkoppelt vom Unternehmen zur Verfügung und für den Versand wird der Transport über E-Mail nicht verwendet. Damit ist ein unbefugter Zugriff auf unternehmensinterne Systeme ausgeschlossen. 

Egal welche Lösung - was ist zu beachten?

Ganz egal für welche Lösung Sie sich entscheiden. Es ist wichtig, dass Sie die Mitarbeitenden und – sofern vorhanden – Interessensvertretung frühzeitig in die Kommunikation mit einbindet. Auch wenn es keine Mitbestimmung durch den Betriebsrat gibt, hilft eine offene und frühzeitige Einbindung und unterstützt einen reibungslosen Rollout des digitalen Payroll Prozesses.

Auch ist es wichtig, dass alle rechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Gemäß §108 Abs.1 S.1 GewO besagt, dass die Lohnabrechnung erteilt werden muss. Eine Erteilung ist nicht erfolgt, wenn der Arbeitgeber lediglich die Gehaltsdokumente in ein Portal hochlädt. Sie muss in den Machtbereich des Empfängers gelangen.

Das LAG Hamm (Urteil 23.09.2021, 2 Sa 179/21 ) begründet, dass wenn ein Arbeitnehmer keine dienstliche E-Mail-Adresse hat, so kann ein Zugang einer elektronischen Erklärung, die dem Textformerfordernis genügt, im Schrifttum nur dann angenommen werden, wenn sich der Arbeitnehmer mit dem Empfang elektronischer Erklärungen ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt hat.

Wir empfehlen eine Einwilligung der Mitarbeitenden für die elektronische Zustellung der Entgeltabrechnung als Zusatz zum Arbeitsvertrag einzuholen. Dadurch machen Sie Mitarbeitende auch eher zu Befürwortern.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Veränderungen – egal ob positiv oder negativ – machen uns Menschen zunächst einmal Angst. Eine transparente Kommunikation und die Einbindung der Mitarbeitenden ist besonders wichtig. Indem Sie Ihre Ziele klar formulieren und die Vorteile aufzeigen, nehmen Sie ihnen die Angst.

Werfen Sie einen Blick auf den Referenzfilm der Deutschen Bahn. Im Mittelpunkt der Unternehmenskommunikation steht der bitkasten als zentrales Mitarbeiterarchiv. Auch das Thema Nachhaltigkeit wird positioniert. Unterstützt wird es zusätzlich durch die Aktion 1.000 Bäume für Ihr Papier. Im Rahmen der Einführung des bitkasten hat die Deutsche Bahn ausgerufen, 1.000 Bäume für 10.000 Nutzer:innen zu spenden.

Autor: Iris Hagemann

Leiter Geschäftsentwicklung

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